Warum kannst du mich nicht lieben – Mozart!

PROLOG

Dr. Mesmer

Wissen Sie überhaupt, wo es ist?

Frau Nissen

Da irgendwo.

Dr. Mesmer

Hier sind keine Gräber mehr. Weder Kreuze noch Steine

Frau Nissen

Sein Grab hat kein Kreuz.

Dr. Mesmer

Nun, dann hätten Sie ihm einen Stein setzten müssen, Madame Mozart.

Frau Nissen

Nissen. Mein Name ist Nissen. Nicht mehr Mozart. Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen?

Dr. Mesmer

Sie wären es ihm schuldig gewesen, Madame.

Frau Nissen

Das ist es. Hier.

Dr. Mesmer

Sind Sie sich sicher ?

Frau Nissen

Nun ja, ich …

Dr. Mesmer

Hier ist er also begraben? Jean-Pierre!

Frau Nissen

Und jetzt die 5.000 Monsieur Mesmer. Ich habe Sie zu seinem Grab geführt.

Dr. Mesmer

Das ist ein magischer Ort. Écoutez! Hören Sie das?

Frau Nissen

Machen Sie schnell. Mir ist kalt.

Dr. Mesmer

Madame. Hören Sie doch!

Frau Nissen

Was?

Dr. Mesmer

Das unendliche Universum der Musik, aus dem er kam …

Wie ein Stern fiel er auf die Erde … un enfant de Dieu …

WAS FÜR EIN KIND!

Gäste

Was für ein Kind!

Phänomenal.

Dieses Talent – einfach genial!

Wie fröhlich, so klein und manierlich

Wie niedlich, gescheit und possierlich

Ein Wunder, das lebt!

Wahrhaftig: Ein göttliches Kind!

Leopold

In der nächsten Abteliung

Mesdames et Messieurs

eine wahre Sensation:

Der klare Beweis für

das Gottestalent

von meinem kleinen Sohn

Seine Schwester, das Nannerl

war, als sie noch klein war

auch ein Wunderkind

Jetzt wird sie dem Bruder

die Augen verbinden

damet et völlig blind ist

Um die Tasten zu verstecken

werden sie mit einem Tuch drapiert

Trotzdem wird er etwas spielen

das hat er selber komponiert.

Los doch! Amadé! Amadé!!

Gäste

Er schläft entrückt!

Er träumt verzückt! Er gähnt!

Was für ein Kind!

Wie affektiert!

Man ist gerührt!

Grafin Zinzendorf

Ich bin pikiert!

Gäste

Wie fleissig…

Antonio Salieri

Ein Trick!

Gäste

Wie erbaulich. Begabt, amüsant, und so traulich

Ein Wunder, das lebt! Wahrhaftig: Ein göttliches Kind!

Leopold

Mit drei Jahren schon sass er

auf meinem Knie

und hat das Klavier entdeckt

Mit fünf schrieb er ein

komplettes Konzert

harmonisch ganz korrekt

Er spielt alles vom Blatt!

Was er einmal gehört hat

kann er memoriern

Wobei er sogar

die schweirigsten Fugen

fehlerfrei variiern kann

Sein Gehör ist unbestechlich

Er gibt auf jede Note acht

Das Spiel auf meiner Violine

hat er sich selber beigebracht!

Gäste

Was für ein Kind!

Welch eine Qual!

Ein kleiner Gott!

Ein Ideal!

Antonio Salieri

Wie abgeschmackt!

Gäste

Man muss ihn lieben

Ein Engel

dressiert

und durchtrieben

Ein Wunder, das lebt!

Wahrhaftig:

Ein göttliches Kind!

Nannerl

Papa, er hat Fieber!

Ich glaub, er ist krank

Leopold

Ach was, Unsinn!

Er wird nur leicht müde

denn er ist ein Genie

und Genies sind empfindlich

Damit ist unser Programm zuende

Wenn es Ihnen gefallen hat

bitte ich Sie um eine Spende

Dr. Mesmer

Auf Wolfgang Amadé Mozart!

Gäste

Was für ein Fratz!

Phänomenal

Was für ein Schatz!

Einfach genial!

Wie fröhlich,

geschicke

und manierlich

Wie niedlich

geschiet

und possierlich

Ein Wunder, das lebt!

Wahrhaftig:

Ein göttlisches Kind!

Was für ein Kind!

Phänomenal!

Dieses Talent –

einfact genial!

Wie fröhlich

geschickt

und manierlich

Wie niedlich

gescheit

und possierlich

Ein Wunder, das lebt!

Mehrere Gäste (gleichzeitig)

Dieser Vater

is ein Schinder

Er benutzt die

eignen Kinder

dressiert sie

wie Affen

und lässt sie

begaffen

Schade um das

hübsche Kind!

Alle Gäste

Staunenswert

Ärgerlich

Sagenhaft

Wunderbar

Unerhört

Was für ein Kind!

DER ROTE ROCK

Wolfgang

Heb den Arsch, Nannerl! Presto furioso!

Vivat! Vivat! Westerwärts, Schwesterherz!

Es gibt was zum Glotzen-Protzen!

Als wir als Klimperkinder

durch ganz Europa tour’n fuhr’n,

Trug ich wenn ich auftrat

immer den nämlichen Schock-Rock

Ganz à la mode: rot!

Nannerl

O ja, ich erinn’re mich

Wolfgang

Der war ein Präsent…

Nannerl

Ich weiss…von der Kaiserin

Wolfgang

Doch dann hat er mir nicht mehr gepasst – dumm!

Seither trag ich grau und hab’s immer gehasst,

drum

Trag ich ab jetzt nur noch diesen hier!

Nannerl
Genau derselbe Rock nur grösser!

Wolfgang

Sag schon, Kanaille!

Wie steht er mir?

Nannerl
Samt und Seide!

Goldne Fäden!

So ein Rock ist nicht für jeden

Die Welt wird sich die Augen reiben

Du bist ein Prinz und wirst es bleiben

Wolfgang

Papa wird Daunen staunen

“Sehn Sie nur her, Père!”

Ergo kriegt er wieder Gusto

auf eine Fahrt in die Geld-Welt

“Ab in die Kutsche und davon, Sohn!”

Nannerl
Bitte nehmt mich mit.

Wolfgang

Ja, und auch Mama!

Nannerl
Wir werden wieder in Paris und London sein!

Wolfgang

Gott Lob und Dank!

Denn in Salzburg, wird man zum Salz-Hals

Hier muss man duckel-buckeln oder ein Schwein sein

Nannerl
Der Rock bringt Glück!

Wolfgang

Ich zieh ihn nie wieder aus!

Bonsoir, mon Père!

Sehn Sie, ich bin jetztein Glotz-Protz!

Leopold
Wolfgang, wo bleibst du?

Wolfgang

Finden Sie meinen Schock-Rock nicht schein-fein?

Leopold
So kannst du nicht zum Fürsten

geh’n! Wo ist das her?

Wolfgang

Selber gekauft, mon Père!

Leopold
Und woher hast du das Geld?

Wolfgang

Knall und Fall, ein Spielgewinn!

Leopold
Was?!

Nannerl

Wieder einmal Glück gehabt!

Leopold
Du hast um Geld gespielt?

Wolfgang

Versonnen gewonnen.

Leopold

Warum folgst du nicht?

Wolfgang

Potz Sapperment. Warum nicht ein kleines

Spielchen ab und zu.

Alle spielen!

Leopold

Wir sind nicht alle!

Wolfgang

Desto besser, besser desto!

Leopold

Statt dich mit unnützen Leuten

herumzutreiben, denk an deine Pflichten!

Hast du die Serenade komponiert, wie der Fürst befahl?

Wolfgang

Et bien, mon père, Sie werden

bolz-stolz sein auf mich!

Leopold

Wo ist sie?

Wolfgang
Im Kopf! Alles schon fertig komponiert,

nur nicht notiert.

Leopold

Mir scheint, du willst mich in den Wahnsinn treiben!

Der Fürst erwartet uns. Was stehst du da?

Fang an zu schreiben!

Wolfgang

Gut, gut. Warum nicht?

Leopold

Und zieh sofort den Rock aus!

Wolfgang
Wieso?

Leopold

Dies ist ein Kleidungsstück, das nur den Adel ziemt!

Wolfgang

Und mir erst recht,

denn ich bin besser als die

Leopold

Du schreibst! Und deine Schwester bringt

den Rock zurück!

WO BLEIBT MOZART?

Bedienstete

Blitz-blank blinkt das Besteck

Silberleuchter

Meissner Gedeck

Gold, Samt

Spiegelparkett

Es ist alles da

nur nicht…

Graf Arco

Wo bleibt Mozart?

Gleich kommt der Fürst

um sich selbst zu überzeugen

dass alles vorbereitet ist

für den Abend:

Die Gläser

die Weine

die Kerzen

die Musik

Bedienstete (gleichzeitig)

Blitz-blank blinkt das Besteck

Silberleuchter

Meissner Gedeck

Gold, Samt

Spiegelparkett

Es ist alles da

nur nicht

Mozart

Andere Bedienstete (gleichzeitig)

Manche Leute

lernen niemals Püktlichkeit

und sie bilden sich viel zu viel ein

Sie fahrn in die Welt

sie scheffeln Geld

und behaupten,

ihr Kind

würd ein Wunderkind sein

Manche Leute lernen niemals Höflichkeit

Wird man ihnen verzeihn?

Graf Arco

Wo bliebt Mozart?

Fürsterzbichof Colloredo

Macht weiter mit der Arbeit!

Steht nicht faul herum!

Mein Palast ist kein Elysium

Ich ford’re Demut, Fleiss und Disziplin

Der, dem das nicht passt

soll ins Armenhaus ziehn

Ist alles vorbereitet?

Ist der Wein dekantiert?

Sind alle Köche und die Diener instruiert?

Haben die Musikanten etwas Neues einstudiert?

Wo ist Mozart?

Leopold

Exzellenz, wir sind da!

Wolfgang

Ich habe etwas komponiert für Sie,

wie man es bestenfalls im Himmel hört

Ein Fürst wie Sie

bekan so etwas noch nie

So eine herrliche Musik

wäre mindestens einen Kaiser wert!

Fürsterzbichof Colloredo

Halt er gefälligst seinen Mund, bis man ihn fragt

Leopold

Er meint das nicht so.

Wolfgang

Doch, doch, so mein’ ich’s!

Fürsterzbichof Colloredo

Ihr Sohn, Herr Mozart, vergreift sich im Ton

Lehr’n Sie ihn Anstand und Subordination!

Ich bin sein Fürst

und wenn ich die Geduld verlier

dann ist sein Talent

nur ein Fetzen Papier!

Bedienstete (gleichzeitig)

Fex, Narr, Dalk, dummer Bub!

Schafskopf, eitler Tropf

ungezogener Lümmel!

Fex, Narr, Dalk, dummer Bub!

Schafskopf, eitler Tropf

ungezogener Lümmel!

Wolfgang

Das vergess ich Ihnen nie!

Leopold

Sie still, mein Junge!

Wolfgang

Was fällt Ihnen ein?!

Auf meine Art bin ich ein Fürst so gut wie Sie

und mir zu schde, Ihr Lakai zu sein

Fürsterzbichof Colloredo

Dann geh er fort!

Ich brauch ihn nicht

Musikanten gibt’s wie Sand am Meer

Ich stelle ihn

nicht wieder ein

un käm er auf den Knien her

Leopold

Wolfgang! Entschudige dich. Sofort.

Wolfgang

Nein! Der muss sich entschuldigen!

Fürsterzbichof Colloredo

Graf Arco, sorgen Sie für einen andern Notenkleckser!

Und nun genug davon

Leopold

Dein Jähzorn bring mich noch ins Grab!

Fürsterzbichof Colloredo

Ich will den Namen Mozart nich mehr hörn.

Nich den vom Vater und schon gar nicht den vom Sohn.

Bedienstete (gleichzeitig)

Fex, Narr, Dalk, dummer Bub!

Schafskopf, eitler Tropf

ungezogener Lümmel!

Fex, Narr, Dalk, dummer Bub!

Schafskopf, eitler Tropf

ungezogener Lümmel!

Fex, Narr, Dalk, dummer Bub!

Schafskopf, eitler Tropf

ungezogener Lümmel!

Fex, Narr, Dalk, dummer Bub!

Bedienstete

Der Krug geht an den Brunnen

bir er bricht

Mit Mozart ist es aus!

AH, DAS FRÄULEIN MOZART!

Gewürzhändlerin

Grieschische Nelken!

Gemüsefrau

Oliven!

Obstfrau

Hollunder!

Gemüsefrau

Frische Salate!

Blumenhändlerin

Gladiolen!

Obstfrau

Feines Obst!

Blumenhändlerin

Schöne Astern!

Gemüsefrau

Melonen!

Gewürzhändlerin

Gewürze …

Obstfrau

Maronen!

Gewürzhändlerin

… aus Ungarn!

Gemüsefrau

Karotten!

Gewürzhändlerin

Paprika!

Blumenhändlerin

Ah, das Fräulein Mozart!

Nannerl

Grüss Sie Gott.

Gemüsefrau

Na, wie geht’s?

Nannerl

Gut.

Gewürzhändlerin

Guten Morgan.

Obstfrau

Was darf’s denn sein?

Gemüsefrau

Ist es zu fassen?

Ihren lieben Bruder

hat der Fürst entlassen?!

Blumenhändlerin

Das ist grausam.

Nannerl

Aber im Gegenteil

Er wollte selber fort

denn Salzburg war ihm

schon lang zu klein

Gewürzhändlerin

Ist er fortgefahren?

Gemüsefrau

Ich wünsche ihm, er findet eine neue Stellung

Nannerl

Ganz gewiss

Überall, wo wir war’n

Brüssel, London, Rom, Paris

drängten sich um uns in Schar’n

alle, die man zu uns liess

Aus der Heimat fortzufahr’n

hiess, wir fahr’n in’s Paradies

Jede Reise war ein Aufbruch

in das Königreich unsrer Träume

wo ich Prinzesin war

und er ein Zauberprinz

Gewürzhändlerin

Indischer Curry!

Gemüsefrau

Fisolen!

Obstfrau

Zitronen!

Blumenhändlerin

Ein Rosenstock!

Gewürzhändlerin

Spanischer Pfeffer!

Obstfrau

Feines Obst!

Blumenhändlerin

Ist der Vater bei ihm?

Nannerl

Nein, er blieb zuhaus

weil der Fürst ihn nicht

entbehren kann

Gewürzhändlerin

Dann reist er alleine?

Nannerl

Nein, mit seiner Mutter

Gemüsefrau

Und? Fand er schon eine neue Stellung?

Nannerl

Leider war in München

keine Vacatur frei

Jetzt ist er in Mannheim

wo man ihn liebt

Sicher stellt man ihn ein

denn der Kurfürst schätzt ihn sehr

Sein Gehalt wir fürstlich sein

Was wir brauchen und noch mehr

Ich pak schon die Koffer ein

balg ziehn wir ihm hinterher

Und wir leben froh und glücklick

in dem Königreich unsrer Träume

wo ich Prinzessin bin

und er ein Zuberprinz

Graf Arco

Die wird sich noch wundern!

Ihren feinen Bruder

stellt in ganz Europa

niemand an.

Nannerl

Wie woll’n Sie das wissen?

Graf Arco

Ich sag nur: Ich weiss es

Bald wird er vermissen

was er aufgab

Nannerl

Mozart wird geschätzt

Graf Arco

Nun, das wird ihm nichts nützen

wenn ein Fürst

und Erzbischof

gewisse unsichtbare

Drähte zieht

Passanten

Einst Wunderkind…

Mozart!

Jetzt heimatlos…

Mozart!

Nannerl

Vier Paradeiser

drei Zwiebeln

zwei Sellerie

Ein Pfund Fisolen

Karotten,

ein Bund Lauch

Gewürzhändlerin (gleichzeitig)

Türkischer Pfeffer!

Blumenhändlerin (gleichzeitig)

Gladiolen!

Obstfrau

Süsse Trauben!

Nannerl

Wie teuer?

Obstfrau

Zwei Kreuzer. Die weissen?

Nannerl

Die roten.

Obstfrau 2 (gleichzeitig)

Trockenobst!

Blumenhändlerin (gleichzeitig)

Schöne Astern!

Gewürzhändlerin (gleichzeitig)

Gewürze…

Obstfrau 2 (gleichzeitig)

Melonen! Maronen!

Obstfrau

Und noch was?

Nannerl

Nein, das wär’s.

Gewürzhändlerin (gleichzeitig)

…aus Ungarn!

Gemüsefrau (gleichzeitig)

Fisolen!

Gewürzhändlerin (gleichzeitig)

Paprika!

Obstfrau

Danke, Fräulein Mozart

Nannerl

Wiedersehn!

Gemüsefrau

Bis morgen

Gewürzhändlerin

Grüssen Sie den Herrn Papa!

Blumenhändlerin

Was macht er so?

Nannerl

Er ist melancholisch

macht sich grosse Sorgen

um den Sohn

Täglich schreibt

er einen langen

Brief an ihn

SCHLIESS DEIN HERZ IN EISEN EIN

Leopold

Meine Gedanken

schaudern und schwanken

Wo magst du jetzt wolh sein?

Ich könnt’ mich hassen:

Dich ziehn zu lassen!

Nie werd ich’s mir verzeihn

So unerfahren

blind für Gefahren

bleibst du stets ein Kind für mich

Zart und verletzbar

unersetzbar

Ich habe Angst um dich

Die Welt ist voll Fallen

Es droht dir von allen

Lüge, Verrat und Betrug

Schliess dein Herz in Eisen ein!

Lern geschickt und klug zu sein!

Ung glaub niemals an die Zärtlichkeit

von Schlangen

Sprich nicht aus, was dich empört!

Beug den Kopf, wo sich’s gehört!

Dass ich immer auf dich

stolz sein kann.

Jahre des Lebens

gab ich vergebens

Das Schicksal war gegen mich

Dir kann’s gelingen

es zu bezwingen

Ich stez meine Hoffnung auf dich

Die Welt ist voll Schmeichlern

Schmarotzern und Heuchlern

voll Neid auf Geschick und Genie

Schliess dein Herz in Eisen ein!

Lern aus Vorsicht kalt zu sein!

Und glaub niemals an die Ehrlichkeit der Wölfe!

Nimm mit Dank, was man dir gibt!

Mach dich nützlich und beliebt!

Dass ich immer auf dich

stolz sein kann

Mein Sohn…

um stark zu sein

schliess dein Herz in Eisen ein

EINE EHRLICHE FAMILIE

Aloysia

Ich sang dem Grafen vor

Cäcilia Weber

Und dann…?

Aloysia

…rief er: “Venez!”

Er sah mir in die Augen

Cäcilia Weber

Und?

Aloysia

In’s Dekolleté

Er griff mir untern Rock

Cäcilia Weber

Und dann…?

Aloysia

Ich ging

Cäcilia Weber

Warum?

Aloysia

Er war mir widerlich

Cäcilia Weber

Was sind meine Töchter doch dumm!

Keiner, der uns noch was leiht

Kein Geld mehr

fürs Kartenspiel

Und die Kinder haben

kein Familiengefühl

Die eine singt, doch setzt sie

ihr Talent nicht um

Die andre faul

die dritte hässlich

die vierte zu dumm

Cäcilia Weber & Töchter

Eine ehrliche Familie

hat es nicht leicht

denn mit Fleiss und Anstand

wird nur wenig erreicht

Unschuldig verarmt

erwartet sie einen Mann

der die ehrliche Familie

retten kann

Fridolin

Mein Weib, wir sind saniert!

Cäcilia Weber

Wie das?

Fridolin

Hört alle her! Mozart ist hier in Mannheim

Cäcilia Weber & Töchter

Wer?

Fridolin

Dukatenschwer!

Ich lud ihn ein. Er kommt.

Cäcilia Weber

Aloysia!

Aloysia

Warum ich?

Fridolin

Ein junger Komponist…

Cäcilia Weber

…ist einfache Beute für dich!

Fridolin & Cäcilia Weber

Keiner, der uns noch was leiht

Kein Geld mehr

fürs Kartenspiel

Und die Kinder haben

kein Familiengefühl

Cäcilia Weber

Constanze, mach dich hübsch!

Constanze

Warum?

Cäcilia Weber

Nur nichts riskiert!

Beisst er beim einen

Köder nicht…

Fridolin

… wird der nächste probiert

Fridolin, Cäcilia Weber & Töchter

Eine ehrliche Familie

hat es nicht leicht

denn mit Fleiss und Anstand

wird nur wenig erreicht

Unschuldig verarmt

erwartet sie einen Mann

der die ehrliche Familie

retten kann

Aloysia, Constanze, Sophie, Josepha

Dass Mama heimlich trinken soll

ist ja zum Lachen

Erstens trinkt sie ganz offen

zweitens nur scharfe Sachen

Dass Papa schon zweimal gesessen haben soll

ist aus der Luft gegriffen

Erstens sass er erst einmal

zweitens wurde er verpfiffen

Alle

Ja…

eine ehrliche Familie

hat es nicht leicht

denn mit Fleiss und Anstand

wird nur wenig erreicht

Doch mit etwas Chuzpe

findet sie einen Mann

der die ehrliche und niedliche

tugendhaft-gemütliche

christ-katholisch-friedliche

Familie…

Cäcilia Weber

…retten kann!

WAS FÜR EIN GRAUSAMES LEBEN

Wolfgang

Der Wind löscht eine Kerze aus

und dunkler wird die Nacht

Doch in den Kneipen rollt der Würfel

und im Theater wird gelacht

Die wartenden Kurscher gähnen

und vom Turm herab schlägt die Uhr

Die Brunnen spei’n Fontänen

und die Verliebten machen l’amour

Irgendwo wird ein Kind geboren

Irgendwo wird die Zukunft beschworen

Das Herz kriegt Narben, und die Seele Flecken

bas wir am Schluss unter Schmerzen verrecken

Was für ein grausames Leben!

Was für eine seltsame Welt!

Wozu wird uns Hoffnung gegeben

wenn man dann doch

in ein Meer von Dunkelheit fällt?

Gestern warst du ein Wunder

und heute bist du ein Dreck

Erst haben sie dich gefeiert

und jetzt wefen sie dich weg

Wir lachen vor allem, um nicht zu heulen

Wir stossen an Wände und holen uns Beulen

Wir tragen goldene Spangen und Puderzöpfe

und sind doch alle schon Totenköpfe

Was für ein grausames Leben!

Was für eine seltsame Welt!

Es setzt jeder auf das Glück

und jeder wird geprellt

Was für ein sinnloses Fragen

wenn man niemals Antwort erhält!

Du glaubst, irgendwo

muss Liebe sein

Doch zuletzt bist du allein

Und wir lernen, bis wir dumm sind

und wir reden, bid wir stumm sind

und wir fressen, bis wir kotzen!

Was für ein grausames Leben!

Was für eine seltsame Welt!

Es setzt jeder auf das Glück

und jeder wird geprellt

Was für ein sinnloses Fragen

wenn man niemals Antwort erhält!

Du glaubst, irgendwo

muss Liebe sein

Erst willst du vor

Verzweiflung schrein

dann lässt du dich

auf Lügen ein

und zuletzt bist du allein

So verflucht allein!

So verflucht allein!

EIN BISSEL FÜR’S HIRN UND EIN BISSEL FÜR’S HERZ

Emanuel Schikaneder

Meine Kunst liebt den Applaus

Sie will allen gefallen

Mein Ehrgeiz ist

ein volles Haus

Mir geht es um

das Publikum

Man sagt, Unterhaltung

sei nicht das Hehrste

für einen grossen Künstler

Doch glauben Sie mir:

Es ist das Schwerste

Selbst wenn man versteht

wie es geht

Ein bissel für’s Hirn und ein bissel für’s Herz

ein bissel Krawall und Spektakel

Ein heftiger Schmäh, ein deftiger Scherz

Ein Schurke und ein Held.

Ein bissel für’s Aug, und ein bissel für’s Ohr

Ein bissel Klamauk und Mirakel

Kulissen, Kostüme, Licht und Dekor

und ein Schauspieler, der gefällt

Wie ich!

Liebe, Lüge, Leid und List

und Wunder, die geschehn

Wie das Leben wirklich ist

das will doch keiner sehn

Der Saal versinkt im Dunkeln

Die Rampenlichter funkeln

Und dann

fängt das Theater an!

Ein bissel für’s Hirn und ein bissel für’s Herz

ein bissel Triumph und Debakel

Ein Sommernachtstraum und die Iden des März

Kurz: Was euch unterhält

Ein schauriger Spuk und ein trauriger Prinz

Verheissung und dunkles Orakel

Ein Mischung aus Pfeffer und Pfefferminz

So wie es euch gefällt

für’s Geld

Ich erzähl euch ja nur

was ihr alle längst wisst

Denn sicher habt ihr

so wie ich den Verdacht

dass die Welt

eine riesige Bühne ist

auf der nur Erfolg hat

der weiss, wie man’s macht

Drum gebt acht:

Sie woll’n ein

bissel für’s Hirn und ein bissel für’s Herz

ein bissel Krawall und Spektakel

Ein bissel für’s Aug, und ein bissel für’s Ohr

Kulissen, Kostüme, Licht und Dekor

ein heftiger Schmäh, ein deftiger Scherz

ein bissel für’s Hirn und für’s Herz

Kurzum: Alles, was für gutes Geld

unterhält, und ein Schauspieler

der der Welt gefällt

Wie ich!

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