Hier ist Julies Bericht über die Show:
Als in der Presse angekündigt wurde, das Les Miserables schließen wird, schaffte ich es noch so gerade den Schlußsatz “…aber nur für neun Tage” zu lesen. Die Show sollte überarbeitet werden, das set wurde neu gestrichen und die Cast fast komblett umbesetzt,
Die nächste angündigung war die Besetzung – mit Ethan Freeman als Javert. Ich verrat euch gleich eines meiner kleinen Geheimnisse, mein erster Gedanke war: “Ethan wer ?”
Aber dennoch, sein Name wurde in den höchsten Tönen gelobt, also ging ich davon aus, das sich dieser Darsteller im laufe der Jahre seinen Respekt verdient hat, als er für lange zeit in den “Premier League” Musials spielte. Das “neue” Les Miz ging im September 1997 wieder an den Start, natürlich mit mir im Publikum, das war allerdings erst im Oktober. Ich wollte ihnen einen Monat Zeit lassen, um sich einzuspielen.
Ohne Vorurteile was welcher Darsteller zu leisten im stande ist oder was überhaupt von ihnen zu erwarten ist, kann von großem Vorteil sein. Ethan war eine bis dahin unbekannte Größe für mich, also völlig egal was er tat, auf jeden Fall war es eine neue Erfahrung für mich. Und das war es wirklich. Sobald er zum ersten die Bühne betrat, schien er methaphorisch zu sagen: “Hier bin ich.” Schließlich ist er die Autoritätsfigur in dem Stück. Das war eine sehr interessante Entdeckung, völlig egal ob ich ihn nun mögen würde, oder nicht. Ich hielt diesen Character immer faszinierend und egal welche neuen Tiefen ein Schauspieler in diese Rolle hineinbringt, es war auf jeden Fall ein Bonus für ihn und den Zuschauer. Ethans Darstellung kam mir vor als basiere sie mehr auf der besessenen Seite des Inspectors. Er tendierte zu tiefen Atemzügen vor seinen Zeilen, als ob er so versuche seine Wut unter Kontrolle zu bringen, die jedesmal in ihm zu Kochen schien.
Seine Erscheinung in der Rolle war auch völlig anders im Vergleich zu anderen Leuten die ich in der Rolle gesehen habe. Er ist kein großer Mann und neben einem Partner wie John Owen Jones, der nun wirklich sehr groß ist, erschien er noch kleiner als er wirklich ist. Das war ein ziemlich ungewöhnlicher effekt, wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Ich weiß, es klingt – furchtbar ! Aber, aus irgendeinem seltsamen Grund, es funktionierte. Es dauerte eine Zeit lang ( genau gesagt, mehrere Vorstellungen ), bis ich mich daran gewöhnt hatte. Ich denke Ethans verfolgt in der Rolle einen ständigen Drang nach Überlegenheit, das festigt sich offensichtlich in seinen Gesichtsausdrücken. Er warf jedem der seinen Weg kreuzte bitterböse Blicke zu. Damit erstach er den armen Gavroche beinahe. Er machte dem Luft, wie es einer braucht der so verbissen ist, das er “nicht abläßt”, wie er es in seinem Lied sagt. Sein Hass Valjean gegenüber wurde nicht einfach angedeutet, er war ganz einfach offensichtlich. So war sein Portrait der Rolle wiederum anders. Andere Javerts die ich sah, machten den Eindruck sie standen Valjean irgendwie gleichgültig gegenüber. Doch Ethan sah Valjean nur von der dunklen Seite aus.
Stimmlich war er perfekt. Sein “Starts” hatte sehr sanfte Momente, in denen es so schien, als ob seine bessere Hälfte in ihm nun doch überschwappte, die ihm sagte das er Valjean vielleicht doch falsch beurteilte. Aber trotzdem, Ethans Moment der absoluten perfektion kam beim “Selbstmord”. Blitzartig realisierte er, das er sich geirrt hatte. Seine Gefühle explodierten in dieser atemberaubenden Interpretation seines Monologs.
Es ist paradox, das es Ethan gelang, in dieser Szene vor seinem Tod sehr erleichtert schien. So zeigte er, das im die Dinge klar geworden sind und ihm das persönliche beruhigung gibt und sogar etwas dankbar ist. Er sagte schon, das er nun nicht weiterleben kann, also ist das was ich gesehen habe gar nicht falsch. Es scheint zwar etwas merkwürdig zu sein, jemanden der sich selbst umbringen will, mit einer solchen Ruhe zu sehen. Aber Ethan schwankte, eine Minute vor seinem Tod, zwischen den Gefühlen, als er am Rand der Brücke stand. Das zeugt von einem Schauspiler der den Charakter den er Interpretiert genau verstanden hat.
Was mir am besten an seiner Darstellung gefallen hat, ist das man sieht, das er die Rolle wirklich ausführlich studiert hat. Ethan hat sich den Inspector genau angesehen, sich seine eigenen Gedanken zu dieser Person gemacht und er hat genau überlegt, wie er die Rolle spielen will. Er hat sich nicht einfach jemand anderen angesehen und sich gesagt “Ich mach das genauso.” So schlüpte er auf ganz individuelle Art in die Rolle hinein. Man spielt die Rolle nicht einfach indem man den Mantel und den Hut von Javert trägt, man muss sich die Rolle erarbeiten und es sieht so aus als hätte Ethan die Apectke der Rolle sehr genau erörtert hat. Was er sich überlegte habe ich bei keinem anderen zuvor gesehen, das spricht für ihn, da er auf unbekantem Boden lief. Das macht ihn zu einem wirklich individuellen Javert, der mit einem Charakter der damals schon seit 12 Jahren gespielt wurde, das hohe Risiko einer neuinterpretation auf sich nahm.
© Julie Meader. 2000