I: Sie haben ein abgeschlossenes Opernstudium. Wie kam der Entschluß, Musical zu machen ?
Ethan: Ich habe während meines Studiums in New York und Wien alles mögliche nebenbei gemcaht, von klassischen Konzerten bis zu Musicalauftritten. Sogar als Kind hatte ich schon in Musicals gespielt. Als sich dann die möglichkeit bot, in Musicalproduktionen einzusteigen, habe ich mich nicht davor gescheut, obwohl ich eine lange Phase hatte, in der ich unbedingt “richtiger” Opernsänger werden wollte. In den 80er Jahren war das mit dem Musical Boom ja alles erst am Anfang. Musicals kommen übrigens meiner Stimmlage sehr entgegen. Gerade Stücke wie “Phantom” und “Les Misérables” verlangen “Baritontenöre”, das heißt Männerstimmen, die zwar tief und männlich klingen, aber auch hoch hinauf können, um einen wirklich spannenden Ton zu produzieren. Das ist der Einfluß der Popmusik: es klingt modisch und für junge Ohren interessanter als reiner Schöngesang. Und außerdem liebe ich es en-suite zu spielen.
I: Aber wie kann man sich 200 mal in derselben Rolle noch motivieren ? Wird man mit der Zeit nicht unachtsam ?
Ethan: Man lernt, daß es eine nobele Sache ist, jeden Abend ein publikum glücklich zu machen. das eigentliche Problem ist zu verhindern, daß Routine in Langeweile umschlägt. Das ist der Kipp Punkt. Ansonsten ist es toll, wenn es sozusagen von alleine läuft, man darf dabei nur das kreative Gefühl nicht verlieren. Beim Phantom, das ich in zwischen am häufigsten gespielt habe, und das immer ein körperlicher, spielerischer und stimmlicher Drahtseilakt ist, kann man “Die Musik der Dunkelheit” auch wenn man das Lied schon 700 Mal gesungen hat, einfach schlecht machen, wenn man nicht aufpaßt. Man muß immer achtgeben und wirklich wollen, daß die 1000 Leute, die gerade an diesem Abend im Theater sitzen, das Beste von einem zu hören bekommen, das man geben kann. Wenn ich eine Hauptrolle spiele, wird von Leuten, die vielleicht bis zu 6 Monate auf teure Karten gewartet haben, viel erwartet – zu Recht. Das ist meine Verantwortung, gegenüber der Show und dem Publikum, so gut zu sien, wie ich nur kann. Das empfinde ich als persönliche Herausforderung. Wenn man das nicht kann, sollte man einen anderen Job machen.
I: Gerade beim ´Phantom` und `Die Schöne und Das Biest` hatten sie mit Michael Crawford und Terrance Mann zwei sehr bekannte Vorgänger. Wie weit haben Sie sich an den beiden orientiert ?
Ethan: Terrance Mann habe ich in “Beauty and the Beast” nie gesehen, Michael Crawford als Phantom schon. Das war auch der Wunsch von Harold Prince. Also habe ich mir die Show am Broadway vier Mal angesehen. Dahinter stand aber keinesfalls die Idee, Michael Crawfird zu kopieren. Es ging darum zu sehen, was vom regiesseur gewollt war.
I: Warum faßten Sie den Entschluß, nach dem Lucheni in “Elisabeth” nochmals das Phantom zu spielen ?
Ethan: Da gab es einige Gründe. Ich wußte genau: wenn ich den Lucheni lange mache, tue ich mir langfristig stimmlich weh. Es war noch nicht kritisch, aber doch Zeit, die Rolle abzugeben. Auch sonst war es der richtige Zeitpunkt für einen Absprung. Es war nämlich kalr, daß ich mit meinem Bekanntheitsgrad bei “Elisabeth” nicht mehr weit komme. Uwe und Pia wurden von den Medien sehr herausgestellt, da sie Rollen spielten, die dafür ausgesprochen geeignet waren. Der Lucheni dagegen war eher ein Stückwerkzeug, spielerisch zwar auch eine dankbare Rolle, aber längst nicht so glamourös wie der Tod, mit dem Uwe zu Start wurde.
I: Inwieweit ist für Sie die Stadt oder vielleicht sogar das Land ein Kriterium für die Annahme eines Engagements ?
Ethan: Qualität und Niveau sind mir wichtig, das ist ausschlaggebend. Aber ich versuche, weder zu lange auf dem Kontinent, noch zu lange in England, einfach weil man auch innerhalb des Business schnell vergessen werden kann.
I: Und der Broadway reizt Sie als New Yorker nicht ?
Ethan: Natürlich wäre es interessant und lustig, endlich mal wieder zu Hause auf der Bühne zu stehen, weil ich dort meine ganze Familie und viele Freunde habe. Allein deshalb wäre es schön. Aber ich fühle keinen Drang, in Amerika leben zu müssen. Wenn es sich ergeben würde, gerne, aber ich habe mein Leben ein bißchen mehr auf dieser Seite des Atlantiks aufgebaut.
I: Hat man eigentlich in so festgelegten Produktionen wie denen von Andrew Lloyd Webber oder Disney als Darsteller ein Mitspracherecht ? Kann man zum Beispiel sagen: “Das mache ich nicht” ?
Ethan: Das hängt vom Regiesseur und vom Schauspieler ab. Ich persönlich bin noch nie in eine Situation geraten, wo ich gesagt habe: “Das kann ich nicht, oder das will ich nicht machen.” Natürlich hängt es auch davon ab, mit wem man arbeitet. Ich würde nie wagen, Harold Prince oder Harry Kupfer zu sagen, daß ich besser weiß, was gut ist. Alle die etwas erreicht haben, konnten Karriere machen, weil sie einen guten Instinkt besitzen, talentiert und intilligent simd. Ich bin jedenfalls immer an dem interessiert, was der Regiesseur zu sagen hat.
I: Viele Musicaldarsteller gehen jetzt auch in andere Unterhaltungsbereiche, zum Bespiel Michael Ball, John Barrowman, Andreas Bieber. Würde Sie so etwas auch reizen ?
Ethan: Es gibt persönlichkleiten, die sich dafür eignen. Ich sehe mich nicht so sehr als Entertainer, nicht als Peter Alexander. Aber eine Rolle in einem Sprechstück wäre natürlich interessant, wenngleich ich in meinem tiefsten Inneren Sänger bin – ein Sänger der gerne spielt.
I: Auch bei Ihrer Solo-CD “With you” sind Sie beim Musical geblieben und haben nicht, wie zur Zeit modern, eine Po-CD eingespielt.
Ethan: Ich wollte das genau so: Lieder, die ich schon immer gerne mochte oder singen wollte. Eine Mischung aus Musical und Pop halte ich in den meißten Fällen für etwas komisch. Die Interpreten wollen bei ganz verschiedenen Marktgruppen ankommen, was selten funktioniert. Aber es wäre selbsverständlich dumm, es als Möglichkeit ganz auszuschließen. Würde mich eine große Plattenfirma danach fragen, dann würde ich wohl auch sagen: “Toll ! Fangen wir gleich damit an !” Ich möchte dabei allerdings mitbestimmen, damit es für mich auch künstlerisch vertretbar ist.
I: Wie sehen Ihre Pläne aus ?
Ethan: Was nach “Die Schöne und Das Biest” kommt, weiß ich noch nicht. Wenn es sich ergeben sollte, würde ich auch gerne wieder mal Oper singen. Außerdem habe ich vor, im Herbst ´96 in Wien einen eher klassischen Liederabend zu geben.